Presseaussendung der ÖGPPM
https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20211124_OTS0181/im-spannungsfeld-der-pandemie
Graz, Wien (OTS) – Als Vertreter*innen der Österreichischen Gesellschaften für Psychosomatik und Psychotherapie und für Psychosomatik in Gynäkologie und Geburtshilfe (ÖGPPM und PSYGYN) sind wir in unserer täglichen Arbeit mit den COVID-bedingten Belastungen der Patient*innen, der Eltern und Kinder, wie auch des Gesundheitspersonals konfrontiert. Wir kennen auch die zum Teil tiefe Skepsis vieler Menschen hinsichtlich der COVID-bezogenen Maßnahmen aus den ärztlichen Gesprächen. Wir sind täglich gefordert, Patient*innen die Möglichkeiten evidenzbasierter Medizin in guter Gesprächsqualität zu vermitteln, sodass diese Gesundheitsinformation von der jeweiligen Zielgruppe verstanden, reflektiert und angenommen werden kann. Dieses Bemühen um wertschätzende und klare Kommunikation fordern wir hiermit auch von der Politik ein. Es bedarf eines neuen kommunikativen Stils der politischen Verantwortungsträger im Umgang mit der Pandemie – wertschätzend, anschaulich, differenziert und klar -, um möglichst viele Menschen in ihrer Haltung zur Pandemie dort abzuholen, wo sie derzeit stehen und um ihnen bestmöglich Orientierung zum eigenen Schutz und den ihrer Mitmenschen zu bieten. Der Zeitpunkt, diese Änderung im Kommunikationsstil vorrangig von der Politik – und in zweiter Linie von uns allen – einzufordern, ergibt sich aus der aktuellen Zuspitzung der 4. Welle in Österreich, den spürbaren sozialen Spannungen und der von der Regierung erst sehr spät eingeleiteten Notbremsung durch einen Lockdown und die Ankündigung der Impfpflicht.
Was ist mit dem geforderten neuen Kommunikationsstil gemeint? Dieser sollte wertschätzend, anschaulich, differenziert und klar sein, wie im Folgenden beispielhaft ausgeführt wird.
Die COVID-Pandemie ist ein historisches Ereignis und verursacht für viele von uns große Belastungen. Wir alle sind von einer der größten Gesundheitskatastrophen der Menschheit mit bislang weltweit über 5 Millionen Toten vielfältig betroffen, persönlich, sozial und politisch. Wie aus der Stressforschung bekannt ist, wäre es in Krisenzeiten besonders wichtig die eigenen negativen Emotionen wahrzunehmen und sich dennoch nicht von diesen steuern zu lassen, sondern einen klaren Kopf zu bewahren und vorausschauende, lösungsorientierte Schritte zu setzen. Eine politische Kommunikationskultur, die Wertschätzung hinsichtlich des Bemühens der Bevölkerung um Bewältigung dieser Krise zum Ausdruck bringt, stärkt alle diesbezüglichen individuellen und gemeinschaftlichen Bemühungen.
Die derzeit rund 15.000 COVID-Neuinfektionen pro Tag in Österreich führen bei einer aktuellen Sterblichkeit von 0,4 % – trotz unter größter Anstrengung des medizinischen Personals noch möglicher optimaler medizinischer Versorgung – zu etwa 60 Todesfällen pro Tag in den Wochen danach. Dies entspricht einem hypothetischen Absturz eines Flugzeugs mit 60 Passagieren pro Tag oder einer hypothetischen Zunahme von 60 Toten pro Tag im Straßenverkehr. Auf den Straßenverkehr umgelegt wäre ein solcher Anstieg von vermeidbaren Todesfällen für die meisten von uns nicht zu tolerieren, vor allem, wenn es bereits wirksame und sichere Maßnahmen gibt, diese tägliche Tragödie zu verhindern. Daraus ergibt sich, dass die Politik gefordert ist, Maßnahmen zum Schutz aller zu ergreifen.
Wenn wir als Ärzt*innen in Einzelgesprächen der Frage nachgehen, welche Hintergründe für eine Positionierung als „impfskeptisch“ ausschlaggebend sind, stoßen wir auf höchst unterschiedliche Motive. Diese reichen von Sorgen hinsichtlich „allergischer“ Impfreaktionen oder Langzeitschäden wie etwa Unfruchtbarkeit, über Ängste in der Schwangerschaft dem noch ungeborenen Kind zu schaden, bis hin zur Idee eigener gesundheitlicher Unverwundbarkeit und Ansicht einer Überbewertung der Pandemie. Man glaubt dann, die präventiven Maßnahmen wären unnötig. Grundregel einer professionellen Krisenkommunikation ist es, die Beziehungsebene ernst zu nehmen, Vertrauen zu schaffen und zu versuchen die Emotionen zu verstehen und anzusprechen. Erst dann kann es gelingen, die Fakten konstruktiv dazulegen und gemeinsam lösungsorientiert nach vorne zu schauen.
Unsere Rechte und Pflichten im Straßenverkehr sind uns vertraut und führen kaum zu Emotionen – ganz anders ist es bei unseren Rechten und Pflichten in der Pandemie. Es geht in der Pandemie um vertraute Rechte und ungewohnte Pflichten: Wir alle wollen im Krankheitsfall oder nach einem Verkehrsunfall weiterhin eine optimale Gesundheitsversorgung in Anspruch nehmen. Um dieses Recht auf hochwertige Gesundheitsversorgung für alle zu sichern, braucht es die Bereitschaft der Bevölkerung die Gesundheitsversorgung und die Gesundheit durch präventive Maßnahmen zu schützen. Sofern diese Bereitschaft in der Gesellschaft nicht ausreichend gegeben ist, um die Pandemie wirksam einzugrenzen, wird eine Impfpflicht notwendig. Diesen Zusammenhang klar auszusprechen, klare Strategien vorzugeben und sie einheitlich zu kommunizieren (One-Voice-Policy) ist das Gebot der Stunde. Klarheit und Sachlichkeit sind darüber hinaus auch im Umgang mit kursierender Fehl- und Desinformation wesentlich.
Prof. DDr. Barbara Maier,
PD Dr. Christian Fazekas,
Dr. Jochen Strauß,
Relevante Links:
https://oepgk.at/gute-gespraechsqualitaet-im-gesundheitssystem/
PD. Dr. Christian Fazekas, christian.fazekas@medunigraz.at, T: 06649658751
Prof. DDr. Barbara Maier, barbara.maier.mab@gesundheitsverbund.at, T: 0664 4530341
Dr. Joachim Strauß, joachim.strauss6306@gmail.com, T: 069910567721
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